Barbara Ellmerer
Symbiosis

Galerie Andres Thalmann, Zurich

 

Vernissage Donnerstag, 19. September 2024, 18 – 20 Uhr
Ausstellung, 20. September – 16. November, 2024

 

Das Œuvre der Schweizer Künstlerin Barbara Ellmerer verbindet Neugier für Naturwissenschaft mit einer intensiven Erkundung des Mediums der Malerei. Dabei wechselt die Künstlerin in ihren Werken zwischen den Perspektiven – von dem äusseren Erscheinungsbild einer Pflanze bis hin zu deren inneren Strukturen. Ellmerer interessiert sich für die biologischen Prozessen und Kräfte, die im Inneren der Gewächse wirken. So setzte sie sich in ihrer Werkserie Atomjump beispielsweise mit dem Verhalten kalter Atome auseinander.

 

Auch Ellmerers neue Serie Organell Margulis, die in der Ausstellung Symbiosis prominent Raum erhält, folgt diesem Ansatz. In dieser Werkgruppe zoomt die Künstlerin an einen Baustein der Pflanzenzelle heran: Das Organell. Es ist der lebende Teil einer Zelle,  welcher für vielfältige Funktionen verantwortlich ist. Ellmerer bezieht sich hier auf die amerikanische Evolutionsbiologin Lynn Margulis, die in den 1970er-Jahren die Wissenschaft mit ihrer Theorie veränderte. Sie überlegte, dass Evolution durch Symbiosen, also durch Kooperation verschiedener Lebewesen, ermöglicht wird. Mit ihrer Vorstellung eines symbiotischen Planeten widersprach Margulis der darwinischen Theorie des «Survival of the fittest».  


Die Ausstellung Symbiosis überzeugt durch eine Serie von grossformatigen Arbeiten, die uns Betrachtende in eine andere Welt, in das Innere einer Pflanze, eintauchen lassen. Zwar würdigen die Bilder die Forscherin Margulis, aber zuallererst sind sie der Malerei gewidmet: Einer Malerei, in welche versteckt und manchmal auch ironisch wissenschaftliche Diagramme verwoben sind und die gleichzeitig von einer enormen Emotionalität zeugt. Das Kolorit sowie das Zusammenspiel der verschiedenen Nuancen sind von der Künstlerin wohl überlegt. Farbschicht um Farbschicht trägt Ellmerer auf und lässt so eine Tiefe entstehen, welche bisweilen an den Meeresgrund erinnert oder an einen kurzen Blick ins All. Dabei gibt es schier endlos Formen zu entdecken. Der zu Anfang mikroskopische Blick weitet sich und führt das Auge an den Ort, wo Farben wachsen und wuchern.

 

Ellmerers Arbeiten übersetzen ein Verständnis von Kräften, die im Inneren einer Zelle wirken, in das Medium der Malerei. Dafür verwendet die Künstlerin bisweilen auch ungewohntere Malmittel wie Silbernitrat, Lacke und fluoreszierende Farben auf Leinwand oder Papier. Wo der Künstlerin Duktus und Komposition allein nicht mehr ausreichen, um diese geballten Kräfte darzustellen, greift sie zu Mitteln der leuchtenden Farbigkeit eines Neongrün oder Rose vif.

 

Die Naturwissenschaft ist für Ellmerer auch eine Möglichkeit, um über das Medium Malerei zu reflektieren. Die Frage danach, was die Malerei vorantreibt, ist stets im Zentrum von Ellmerers Arbeit. Hier verflechten sich wissenschaftliche Forschung im Bereich der Biologie und Physik mit ästhetischen Fragestellungen nach der Wahrnehmung als Zusammentreffen von Kräften und Materien.

 

Die Ausstellung zeigt ausserdem die neusten Werke der Serie Sappho, an der die Künstlerin seit 2019 arbeitet und welche nun komplettiert wurde. Die Werkegruppe ist benannt nach der griechischen Lyrikerin Sappho, die vor über 2600 Jahren lebte. Ihre Gedichte sind meist nur noch fragmentarisch überliefert. Doch gerade diese Leerstellen und Unbekannten nimmt Ellmerer als Ausgangspunkt für ihre Malerei. Wie die lückenhaften Gedichte von Sappho sind auch Ellmerers Leinwände nur fragmentarisch mit Tusche bedeckt – stellenweise ist das Leinen ganz unbemalt. Dadurch entstehen Freiräume, welche die Fantasie von uns Betrachtenden anregen und die Möglichkeit eröffnen, die Gemälde mit unseren individuellen Assoziationen zu füllen.

 

Barbara Ellmerer (geb.1956) stellt ihre Arbeiten kontinuierlich in Galerien und Museen international aus. Ihre Werke waren unter anderem im Casa Museo Mariàtegui in Lima (Peru), auf der Chiang Mai Social Installation (CMSI) auf Einladung des Goethe-Instituts Bangkok (Thailand), im Musée d’art et d’histoire Neuchâtel (Schweiz), im Kunsthaus Langenthal (Schweiz) und im Kunsthaus Biel Centre d’art Bienne (Schweiz) im Rahmen der Ausstellung  (Un)Certain Ground - Aktuelle Malerei in der Schweiz zu sehen – um nur einige zu nennen. Ihre Werke sind in zahlreichen öffentlichen Sammlungen vertreten.

 

Die Galerie Andres Thalmann freut sich ausserordentlich, die fünfte Einzelausstellung von Barbara Ellmerer an der Talstrasse in Zürich präsentieren zu dürfen.

 

Justine Krämer

 

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